Aus dem Werkstattalltag
Wann ist der Ölwechsel beim Rotax-Motor fällig?
Der Irrtum von der „100-Stunden-Kontrolle”

Ölwechsel mache ich nur alle 100 Betriebsstunden”. Ein Satz, den man nicht selten seitens Halter von Luftfahrzeugen mit Rotax-Motoren zu hören bekommt. Aber stimmt das überhaupt?
Falsche Interpretation.
Ein Blick in die Wartungsunterlagen von Rotax-Motoren zeigt: „Jährlich ist eine Wartung entsprechend der 100 h-Kontrolle durchzuführen” (Quelle: Line-Check-List-912/914). Was aber ist damit gemeint?
Das Schlüsselwort lautet „entsprechend”. Damit wird deutlich: Einmal im Jahr – also spätestens alle 12 Monate – soll eine Kontrolle des Motors durchgeführt werden, die dem Umfang einer 100-Stunde-Kontrolle entspricht.
Bei dieser 100-Stunden-Kontrolle soll auch das Öl gewechselt werden. Das bedeutet also nicht, dass es erst nach 100 Betriebsstunden gewechselt werden soll, sondern spätestens nach einem Jahr – also das, was früher eintritt.
Hierzu ein krasses Beispiel: Ein Luftfahrzeug wird innerhalb von 12 Monaten seit der letzten Kontrolle nur eine Stunde geflogen. Grundsätzlich soll der Ölwechsel spätestens nach 100 Stunden erfolgen. Das würde ja bedeuten, dass bis zum nächsten Ölwechsel noch 99 Stunden verblieben. Diese Annahme wird durch die ABER-Regel jedoch wieder eingegrenzt, die da lautet: spätestens aber nach 12 Monaten.
Denn, würde der Halter auch in den Folgejahren nur jeweils eine Stunde fliegen, käme es erst in weiteren 99 Jahren zu einem Ölwechsel. Das dies offensichtlich vom Hersteller so nicht gewollt wurde, braucht man sicher nicht diskutieren.
Ergo: Wird das Luftfahrzeug binnen 12 Monaten nur eine Stunde bewegt, ist nach Ablauf der 12 Monate dennoch eine 100-Stunden-Kontrolle durchzuführen, so, als hätte man 100 Stunden geflogen.
Ein anderes Beispiel: In einem Verein erreicht der Motor bereits nach vier Monaten eine Leistung von 100 Betriebsstunden – das Jahr ist aber noch nicht vorbei.
Klar, in diesem Fall wäre die 100-Stunden-Kontrolle durchzuführen und weitere Kontrollen setzen sich solange fort, bis das Ende des 12 Monatszeitraum erreicht ist. So kann es also sein, dass mehrere 100-Stunden-Kontrollen binnen eines Jahres erfolgen müssen. Gut, bei Privatpiloten kömmt das Phänomän eher seltener vor.
Praxis-Tipp.
Motorentechniker empfehlen übrigens den Wechsel des Motoröls bereits nach 50 Stunden vorzunehmen, da ab diesem Zeitpunkt das Öl vermehrt unrein wird und an Viskosität verlieren kann. Zu den Unreinheiten gehört auch die Zunahme von Ablagerungen, Rückstände von Kraftstoffen, Abbrand und Abrieb etc.
Der Ölfilter kann hingegen weiter verwandt werden, bis die 100 Betriebsstunden oder der Jahresintervall erreicht wird.
Wenn Prüfer für Luftfahrtgerät ihre eigenen Wartungsaufträge freizeichnen
Nicht durchgeführte Wartungen abgerechnet und Prüfsiegel erteilt
Dinge gibt es, die dürfte es in der Luftfahrt eigentlich nicht geben. Ein Teilnehmer bei flightparts.de nahm mit seinem Rotax 914 an einem Einführungslehrgang zur Wartung der Motorserie 912/914 von Rotax teil und legte in diesem Zusammenhang die Rechnung von dem Techniker, der zuvor die 200-Stundenkontrolle am 914er des Teilnehmers durchgeführt hatte, vor. Immerhin satte 2.700 Euro. Ferner händigte der Teilnehmer auch noch die Bescheinigung der letzten Jahresnachprüfung aus.
Auffällig: Die Wartungsarbeiten und die anschließende Jahresnachprüfung wurden offensichtlich von ein und derselben Person erledigt. Einerseits also als selbständiger Techniker und zugleich Prüfer der Klasse 5.
Mag erst einmal nicht spektakulär sein, doch dem Grundsatz nach gilt: Wer eine Prüfung abnimmt, sollte nicht zuvor auch noch die zu überprüfenden Wartungsarbeiten in Personalunion selber vorgenommen haben. Das ist allgemein bekannt.
Während des Lehrgangs fiel den Lehrgangsleitern von flightparts.de jedoch auf, dass zahlreiche Wartungsarbeiten nicht bzw. unzureichend durchgeführt wurden, was gemäß Checkliste vonseiten Rotax aber vorgeschrieben war.
Ölbehälter nicht gereinigt.
Da die Lehrgänge von flightparts.de sich exakt an die Prüfroutinen von BRP-Rotax orientieren, wurde der Ölbehälter des 914er demontiert, was bei diesem Luftfahrzeugtyp eine Herausforderung darstellte, weil allein hierbei viel Zeit in eine sachgerechte Demontage investiert werden musste – was sich aber im Nachherein sehr gelohnt hat.
Beim Anblick des geöffneten Ölbehälters konnte man dem Teilnehmer das schiere Entsetzen aus dem Gesicht ablesen: Ein überaus versiffter Ölbehälter mit extremen Ablagerungen, die aufgrund der geringen Flugzeiten von knapp 30 Stunden nach der letzten Wartung niemals vorhanden hätten sein können.
Dieser Ölfilter wurde seit mehr als 300 Stunden nicht abgebaut und gereinigt.
Das Altöl wurde zwecks Entleerung regelmäßig nur an der unten am Ölbehäter befindlichen Schraube abgelassen.
Fatal: Der Motor hatte erst eine Gesamtbetriebsdauer von 350 Stunden hinter sich.
Ergo: Der Ölbehälter wurde entgegen der Anweisungen nicht bei seiner 200-Stundenkontrolle abgebaut und gereinigt.

Massive Rückstände von Aluminium und Verbrennungsrückstände vom Turbo.
Nachfolgende Analysen der Rückstände im Ölbehälter ließen einerseits auf unsachgemäße Bedienungen des Turbos und zudem auf einen erhöhten Rußrückstand aufgrund eines undichten Zylinders schließen.
Wäre dies so Jahre fortgeführt worden, wären schwerwiegende Schäden am Turbo nicht mehr auszuschließen gewesen. Denn anhand der Ölanalysen bei flightparts.de wurde der Turbo nachhaltig falsch bedient, was dem Halter des 914 so gar nicht offenbar war.
Zudem: Ein Zylinder hatte markante Beschädigungen, die im Rahmen der Boroskop-Untersuchungen festgestellt wurden.
Klarer Verdacht: Der Ölbehälter wurde, obwohl die Wartungsintervalle dies eindeutig fordern, noch nie geöffnet, geschweige denn gereinigt. Der Ölablass wurde bei eingebautem Ölbehälter lediglich an der untenliegenden Ölablassschraube vorgenommen – mehr nicht.
Hätte es sich um eine 100-Stunden-Kontrolle gehandelt, könnte man dies als Erklärung vorbringen, da nur alle 200 Stunden oder 24 Monaten (was früher eintritt) ein Ölwechsel mittels Ausbau des Ölbehälters erfolgen müsste, wie es das Handbuch des Herstellers fordert.
Defacto hatte das Innere des Ölbehälters zu keiner Zeit das Licht der Welt erblickt.
Pure Faulheit oder schon Betrug?
Da laut Wartungsprotokoll des Technikers (Prüfer Klasse 5) eine 200-Stundenkontrolle berechnet wurde, stellt sich folglich die Frage nach dessen Seriosität.
Denn, einerseits stellte er gegenüber dem Halter eine 200-Stundenkontrolle in Rechnung, aber ohne die notwendigen Arbeiten auch gemäß Herstellervorgaben durchgeführt zu haben, obwohl auf der Checkliste alle notwendigen Arbeiten abgezeichnet wurden.
Und anschließend hat der Techniker, nun nachfolgend in Gestalt des Prüfers – im Rahmen der Jahresnachprüfung das Testat ausgestellt.
Wäre der Teilnehmer nicht zu dem Lehrgang bei flightparts.de erschienen wäre dieser Vorfall sicher nicht aufgefallen – zum Nachteil des teilnehmenden Halters.
Offensichtlich: der Teilnehmer fühlt sich im Nachherein von dem Techniker bzw. Prüfer hintergangen – das Vertrauen missbraucht.
Tipp.
Beauftragt man einen Dritten mit der Erledigung von Wartungsarbeiten, sollte der Halter stets dabei sein und anhand eigener Checkliste die Leistungen des Technikers gemeinsam überprüfen.
5-Jahres-Frist beachten: Versicherung kann Leistung verweigern
Gummiteile wechseln bei Rotax-Motoren
Kommt es aufgrund eines Störfalles am Rotax-Flugmotor zu unangenehmen Nebenfolgen, wie beispielsweise eine Außen- bzw. Notlandung oder indessen sogar zu einem Sach- oder Personenschaden, kann der Haftpflicht- bzw. Kaskoversicherer sich von der Leistung befreien, wenn am Motor die vorgegebenen Instandhaltungsmaßnahmen nicht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden sind.
Im Fall der Haftpflicht ist der Versicherer zwar zur Entschädigung einem Dritten gegenüber zur Zahlung verpflichtet (wg. Gefährdungshaftung), kann aber vom Versicherungsnehmer diese Zahlung zurückfordern.
Anders hingegen der Kaskoversicherer: Dieser kann im Fall eines kausalen Zusammenhangs zwischen nicht ordnungsgemäßer Instandhaltungsmaßnahmen und Schaden die Leistung gänzlich verweigern.
Grundlage für Instandhaltungsmaßnahmen sind stets das Handbuch des Motorherstellers in seiner aktuellen Version. Ein Auszug aus dem Wartungshandbuch (D) von BRP-Rotax soll dies verdeutlichen:

Ein aktueller Fall.
Während eines Wartungslehrgangs bei flightparts.de ließ sich der Ölschlauch zum Ölkühler bei einem Rotax 912UL ganz leicht abziehen. Eine unangenehme Überraschung für den Halter seines Luftfahrzeuges, aber auch ein Signal, dass die Schelle sich gelöst hatte, aber nie bemerkt bzw. kontrolliert wurde.
Schlimmster technischer anzunehmender Fall im Flug: Der Schlauch löst sich gänzlich vom Flansch und infolge dessen kommt es zu einem Motorausfall, weil das Ölsystem im Fluge sich binnen weniger Minuten entleert hätte und der Motor wäre unwiederbringlich zerstört.
Bei genauer Prüfung der Schellenverbindung stellte sich heraus, wie verhärtet und “ausgenudelt” der Schlauch am Ölkühler befestigt war.
Ganz offensichtlich: Die Schläuche wurden definitiv – so nach Halterangaben – in den letzten fünf Jahren nicht getauscht.
Und da schließet sich der Kreis: Mögliche Folgeschäden stehen ergo kausal mit dem Motorausfall im Zusammenhang.

Kein seltenes Phänomen.
Bei zahlreichen Wartungslehrgängen mit Teilnehmern der letzten Monate bei flightparts.de sind derartige Mängel regelmäßig festgestellt worden. Nicht, dass es den Teilnehmern nicht bewusst gewesen war, dass Gummiteile (Schläuche etc.) viel länger verbaut waren als zulässig, sondern weil der Bezug zur Notwendigkeit nicht realisiert wurde.
Frei nach dem Motto “Sieht doch noch gut aus – muss nicht neu.”
Jahresnachprüfung ist keine Instandhaltungsmaßnahme.
Die Funktion des Prüfers für die Jahresnachprüfung wird oft falsch interpretiert. Dieser konzentriert sich nämlich vorwiegend nur auf die Prüfung der Zelle des Luftfahrzeuges – weniger auf den Motor.
Dennoch fühlen sich Halter von UL-Flugzeugen stets sicher, wenn der Prüfer die Bescheinigung zur Jahresnachprüfung erteilt und wägen sich damit in Sicherheit – das kann fatale Folgen haben.
(Alle Beiträge gem. V.i.s.d.P.)